Mit dem Santa-Claus Express auf den Schienen Finnlands unterwegs

Es ist 18.10 Uhr im verschneiden Phyä-Luosto Nationalpark, als wir voll bepackt an der Bushaltestelle in Phyä stehen, um den einzigen Bus zum Bahnhof nach Kemijärvi zu nehmen. Die Abfahrt ist genau abgestimmt und der Bus sollte, wenn alles gut geht, genau fünf Minuten vor Abfahrt des Zuges am Bahnhof ankommen. Solch eine Zeitplanung bereitet mir in der Regel Bauchschmerzen, ich verzichte gerne auf Hetze und verpasste Züge. Als der Bus

gegen 18.20 Uhr immer noch nicht einrollte, verstärkte sich ein gewisses Gefühl der Unruhe. Aber dann endlich…

Der Fahrer öffnete gemütlich die Tür und verstaute die Rucksäcke. Meine erste Frage war, ob wir den Zug noch bekommen würden, denn ich hatte wenig Lust die Nacht draußen zu verbringen. Der Fahrer lächelte und startete das Radio mit fröhlicher Weihnachtsmusik.

Durch den schneebedeckten Wald ging es nun Richtung Kemijärvi. Rechtzeitig. 19.14 Uhr.

Am Gleis tummelten sich einige Gäste, die Türen des Zuges waren noch gesperrt. Vom grün-weißen Zug grinste das Abbild des Weihnachtsmannes hinunter.

Eine Durchsage hauchte durch den Lautsprecher und ein Teil der wartenden Passagiere setzte sich in Bewegung zum Wartehäuschen. Alle die, die nichts verstanden, blieben am Gleis stehen. Ich war auch dabei. Ein technisches Problem verhinderte den Start der Tour. Leider gingen die Türen nicht auf. Was sich bei den Außentemperaturen natürlich etwas ungünstig war.

Ich hüpfte von einem Bein auf das andere und lief am Gleis auf und ab. Die Enge im Wartehäuschen ersparte ich mir und hielt mich lieber mit etwas Bewegung warm. Minus 18 Grad, geradezu mild im Vergleich zu den Tagen zuvor. Mit einem Zischen öffneten sich endlich die Türen und ich hatte das Gefühl, dass der Weihnachtsmann nun noch etwas freundlicher guckte.

Mit meinem Rucksack quetschte ich mich durch den Gang des Zuges Richtung Treppe aufwärts. Bunk Bed 212, Wagen 8. Alle Türen der Schlafkabinen standen einladend offen, auf dem bezogenen Bett lag sogar ein Handtuch und eine Wasserflasche. So euphorisch wie ich mich in die Kabine geschoben hatte, musste ich dann auch erstmal wieder zurück. Denn einen Rucksack auf-oder absetzten war irgendwie nur draußen gut möglich.

Ich erkundete schnell das „Bad“ und erfreute mich an der logistisch-praktischen Meisterleistung. Mit bequemen Kleidern wurde dann der Rest des Zuges erkundet. Viele Reisende hatten die Türen Ihrer Kabinen offen stehen, so dass man sich immer nett begrüßen und gleich auch mal die Nachbarn kennenlernen konnte. Der Speisewagen war noch ganz leer, nur eine Dame der Zuggesellschaft begrüßte mich freundlich. Weiter ging die Erkundungstour durch den Santa-Claus Express mit Flip-Flops und Jogginghose.

Wieder kamen einige Durchsagen. 20.58 Uhr. Wir standen immer noch, als ich von meinem Bett aus den Zug starten hören. „Es geht los!“ und ich war heilfroh, dass ich nicht die gesamte Wartezeit draußen verbringen musste, sondern bereits bequem in meinem Bettchen lag. Die armen Gäste an den nächsten Stationen hingegen hatten weniger Glück und mussten an den Bahnhöfen auf ihren Zug warten.

Der Zug setzte sich in Bewegung und nichts als Dunkelheit war durch das Fenster zu sehen. Ich widmete mich, dank der guten Internetverbindungen, einigen Arbeiten am Laptop. Gegen 21.30 Uhr wurden dann auch die Tickets kontrolliert und der Schaffner fragte mich, ob ich Frühstück geliefert haben möchte oder im Speisewagen essen möchte. „Lieferung bitte!“, sagte ich. Man muss ja alles mal ausprobieren. Also orderte ich für 06.30Uhr ein finnisches Frühstück für 7,50€.

In Rovaniemi stiegen besonders viele Fahrgäste ein. Die Hauptstadt Lapplands ist natürlich besonders beliebt. Irgendwann kurz hinter dem Halt der Stadt Oulu schlief ich dann auch ein. Und ich schlief gut. Bis es an meiner Tür hämmerte und mein Frühstück schon geliefert wurde. Ich war etwas verwirrt, der Wecker hatte noch nicht geklingelt und so öffnete ich etwas schläfrig die Tür um meine braune Frühstückstüte in Empfang zu nehmen und die Bezahlung vorzunehmen. Zum Glück lässt sich das alles ganz einfach per Mobiltelefon erledigen. Zum Frühstücken ging es dann zurück ins Bett, was anderes war auch gar nicht möglich.

Nur kurze Zeit später rollte der Zug schon am Hauptbahnhof in Helsinki ein. Die Reise mit dem Santa-Claus Express war schnell, bequem, nachhaltig und gar nicht mal so teuer. Ich würde es daher auf alle Fälle empfehlen.

Finnland lässt sich bequem mit dem Zug erkunden. Bis hoch in den Norden gibt es in den Städten zentrale Haltestellen, die wiederum gut an das Busnetz angeschlossen sind. Von Helsinki aus erreicht man Rovaniemi und anschließend Kemijärvi mit dem Nachtzug nach ca. 12 bis 13 Stunden. Den Ort Kolari, nahe der schwedischen Grenze gelegen, wird mit dem Expresszug nach 14 Stunden erreicht.

Das gesamte Liniennetz deckt den besiedelten Westen und Süden ab. Nachtzüge verkehren über die größeren Städte Tampere, Oulu und Kemi entlang der Westküste.

Tickets

Über die Website VR-Finnland lässt es sich am einfachsten nach Strecken suchen und ein Ticket buchen. Dabei kann man einen Schlafwagenplatz ab 90 Euro bekommen, sofern man frühzeitig reserviert. Für mehrere Strecken quer durch das Land lohnt sich mit Sicherheit auch das Interrail-ticket.

An größeren Bahnhöfen gibt es auch noch die klassischen Ticketschalter.

Jeder Nachzug bietet auch immer die Option nur einen normalen Sitzplatz zu buchen. So kommt man natürlich deutlich günstiger von A nach B.

Ich würde allerdings eine Schlafkabine empfehlen, denn so lässt es sich erstaunlich bequem reisen. Der angegebene Preis ist immer für die Kabine, bei zwei Personen kann man also wirklich preisgünstig reisen.

Die Schlafkabinen

Die Kabinen in den Nachtzügen gibt es in unterschiedlicher Ausführung. Im unteren Teil des Zuges befinden sich die Kabinen ohne eigene Toilette und Dusche, im oberen Teil hat man sein individuelles „Badezimmer“ an die Kabine angeschlossen.

Grundsätzlich sei gesagt, dass es in den Kabinen eng zugeht. Nicht umsonst gibt es hier eine Gepäckbeschränkung. Zusatzgepäck wird in einem extra zubuchbaren Gepäckabteil transportiert. Es ist sicherlich von Vorteil, wenn man die zweite Person in der Kabine gut kennt oder sich im Notfall eine Kabine alleine gönnt.

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